Wer zahlt für die geplante Freilegung des Darmbachs in der Darmstädter Innenstadt?
In der Stadtverordnetenversammlung vom 17.12.2013 beschloss die grün-schwarze Mehrheit die Wiederaufnahme von Planungen zur Abkopplung des Darmbachs aus dem Kanalisationsnetz in Form eines weitestgehend offen verlaufenden Bachlaufs durch die Innenstadt und die nordwestlichen Stadtteile. Die intensive Lobbyarbeit einer kleinen aber sehr engagierten Gruppe, des Vereins „Daembach e.V.“ war danach also zunächst erfolgreich.
Technische und stadtgestalterische Zweifel an dem Projekt werden von den Befürwortern ignoriert. Eine ausreichende Wassermenge für eine in der schönen Jahrezeit als Gewässer positiv wahrnehmbare Führung des Darmbachs durch die Innenstadt könnte nur durch Hinzunahme der Wassermenge des bisher ebenfalls in das Kanalnetz eingeleiteten Molkereibachs gesichert werden. Der Darmbach alleine kann mangels Wassers dies nicht leisten. Das Wasser des Meiereibachs ist aber mit Phosphatverbindungen in einem Maße belastet, die zu einer Eutrophierung des Großen Woogs führen würde. Dies wiederum hätte die Folge – wegen des damit verbundenen Pflanzenwachstums – , dass das ein absehbares Ende des Badebetriebs dort bedeuten würde.
Ob dies durch eine technisch wie kostenmäßig aufwendige Vorbehandlung des Meiereibachwassers ausgeschlossen werden kann, ist fraglich.
Im Innenstadtbereich wird wegen der beengten Platzverhältnisse ein offener Bachlauf an vielen Stellen nicht wesentlich mehr Gestaltungsqualität erreichen können wie wir sie von der Rinne vor dem Darmstadtium bereits kennen. Ob ein verrohrter Bachwasserkanal vom Herrngartenteich unter dem Johannisviertel hindurch bis zur Helfmannstraße als Düker nach dem Gesetz der kommunizierenden Röhren funktionieren kann, ist gleichfalls offen.
Die Befürworter des Projekts haben aber nun die wirtschaftliche Seite für sich entdeckt. Da die Stadt bisher aus Haushaltmitteln jährlich ca. 2,2 Mio. € für die Klärung des in die Kanalisation eingeleiteten Bachwassers zahlt, würde sich die Investition von 7, 5 Mio € in die Abkopplung in wenigen Jahren amortisieren.
Die UWIGA ist dieser Argumentation deutlich entgegengetreten.
1.) Grundsätzliches zur „Wirtschaftlichkeit“:
Die Stadt in einer Demokratie ist kein Unternehmen mit Konsumenten als Kunden, sie ist Organ der Bürger und handelt als deren Vertretung. Sie ist praktisch eine Lebensgemeinschaft mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Innerhalb dieser Gemeinschaft gibt es Geld für die Verwaltung dieser Gemeinschaft, ohne die sie die Aufgaben nicht erfüllen könnte.
Es handelt sich um Aufgaben für den Bürger, nicht um den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen zum besten Preis oder zur Gewinnmaximierung. Die Stadt steht auch nicht in Konkurrenz zu anderen Unternehmen. Der Bürger, der hier lebt, kann sich nicht woanders die Verwaltung einkaufen, er kann sie lediglich eingeschränkt neu wählen. Aus dieser demokratischen Grundhaltung heraus betrachtet ist die Erfüllung einer Aufgabe nicht effizienter – oder billiger – wenn man in der Summe dieser Gemeinschaft mehr an Kosten zumutet. So gesehen ist die Darmbachoffenlegung sicher keine Ersparnis, sie kostet schlicht die Gemeinschaft mehr als der vorherige Zustand. Für die Gemeinschaft ist dies finanziell also kein Gewinn wie suggeriert wird, ökologisch oder stadtgestalterisch könnte man eher und lauterer argumentieren. Die Offenlegung also als das, was sie ist, dem Bürger zu vermitteln, wäre reell und nicht ihm eine Ersparnis in Form von „Wirtschaftlichkeit“ vorzugaukeln.
2.) Wer bezahlt in Wirklichkeit:
Anstelle des Steuerzahlers müssen die Schmutzwassergebührenzahler die größenordnungsmäßig gleichbleibenden Kosten der Abwasserbeseitigung tragen. Die Steuereinnahmen der Stadt werden aber im Wesentlichen von den Gewerbetreibenden sowie den gutverdienenden Einkommensteuerzahlern aufgebracht, während die Schmutzwassergebühren überproportional von allen Wohnungsinhabern entrichtet werden. Das sind, neben den Eigentümern, die ihre Wohnungen und Häuser selbst bewohnen, die Mieter, die die Schmutzwassergebühr in ihrer Nebenkostenabrechnung wieder finden. Nach der mehrheitlich beschlossenen Magistratsvorlage würde die Schmutzwassergebühr um zirka 11 Prozent steigen. Was das für einen Dreipersonenhaushalt an jährlicher Mehrbelastung in € entspricht, kann sich jeder anhand der Abrechnung leicht selbst ausrechnen. Diese Mehrbelastung würde aber erst ab dem Jahr 2017 greifen – also erst nach der Kommunalwahl im Jahr 2016. Eine solche Umverteilung der Kosten der Abwasserbeseitigung von oben nach unten kann man natürlich politisch wollen – das sollte man dann aber auch deutlich sagen. Die UWIGA will das auf keinen Fall. Die von der grün-schwarzen Koalition angestrebte nominelle Entlastung des städtischen Haushalts einseitig zu Lasten der Wohnungsinhaber, insbesondere der Mieter, lehnen wir in aller Deutlichkeit ab. (eb-hk)
Eine Antwort auf: Darmbach und die „Wirtschaftlichkeit“ der Offenlegung