17.10.2014 Presseerklärung der UWIGA zu: Bürgerhaushalt
(Artikel im „Darmstädter Echo“ vom 16. Oktober 2014 – Von Harald Pleines)
Vorschlag in Darmstadt: Stadtteile sollen eigene Budgets erhalten
Diese Idee von Stadtteilfonds ist eine unausgegorene Schnapsidee. Das merkantile Modell mit den Stadtteilfonds für Stadtteile ist weder juristisch noch politisch, demokratisch legitimierbar vernünftig anzuwenden.
Müssen wir „auf Teufel komm raus“ den Bürger in Foren, Beteiligungsgremien, Workshops, an Rundtische zwingen ? UWIGA meint nein.
Wenn´s mit bloßen Aufrufen zur Teilhabe, zum Engagement nicht geht, wird´s nun mit dem Lockruf „s´gibt Geld zu verteilen“ versucht !
Die Euroverteilung wird durch die dafür notwendige „Bürgerjury“ beträchtlich verkompliziert. Man wird für die Euro-Gebrauchsüberwachung zusätzlich Personal- und Organisationskosten benötigen, die die Euro-Einlagehöhe in die Stadtteilfonds locker nochmals in Form von Bürokratie verbrät.
Ganz abgesehen von der Problematik einer überhaupt so grundsätzlich legitimierten Entscheidungfindung (nach Zufallsauswahl und Quotierung) zum Geldausgeben.
Klar sind auch wir für mehr Bürgerbeteiligung – aber nicht für mühsam gezimmerte Strukturen, die letztlich doch nur – so steht zu befürchten – von wenigen, nicht gewählten Bürgern mit Partikularinteressen und einer gut präparierten Verwaltung dominiert werden.
Gegen die Selbstorganisation von Stadtteilvereinen haben wir nichts, allerdings sind wir gegen die in vorgeschriebene Ablaufrituale gegossene Institutionalisierung solcher Gremien.
Es wurde schon eine Menge Geld für diese organisierte Basisdemokratiesierung in Minizirkeln ausgegeben. Viele Mediatoren und sonstige Fachleute tummeln sich mehr oder weniger professionell auf diesem profitablen Feld – natürlich nur zum Wohle der Bürger.
Diese Beteiligungsgebilde haben nichts mit auch von uns geforderten Informationsveranstaltungen und Bürgerversammlungen zu tun, sie suggerieren ein Mitgestaltungsrecht, das es so nicht gibt. Wenn´s schlimm kommt, kann locker die Verantwortung für Fehlentscheidungen auf diese ach so bürgerfreundlichen Gremien geschoben werden und die eigentlichen Geschäftsführer können ihre Hände in Unschuld waschen.
Uns sind da die altbekannten, spontan entstehenden engagierten Bürgerinitiativen lieber, die den Stadtoberen von Fall zu Fall auf die Füße treten und sich nicht an Beteiligungsrituale und sonstig von der Stadt aufgestellte Codizes halten müssen.
Und wenn schon Beteiligung der Stadtteile, dann bitte mittels Ortsbeiräten, die auch tatsächlich etwas zu sagen und zu bestimmen haben. Diese Forderung von uns wurde mehrheitlich als altmodisch und überlebt abgelehnt. Den „rückständigen“ Frankfurtern samt ihren Ortsbeiräten dürften da kopfschüttelnd die Ohren klingeln.
Im Übrigen steht es jedem Bürger frei, sich an Stadtverordnete zu wenden und seine Wünsche, Anregungen zu artikulieren. Dann kann dies in Form von Anträgen formal richtig in die StaVo eingebracht und dort verbindlich beschlossen werden. Mehr braucht´s nicht. Wenn wir etwas an „mehr“ brauchen, dann sind das Stadtverordnete, die das Vertrauen Ihrer Bürger haben.
Nachtrag: Ortsbeirat und seine Befugnisse sind in der HGO geregelt. Was wir brauchen, ist ein gewisses Budgetrecht auch für die Ortbeiräte, das hat z.B. Wixhausen nicht. Niemand hindert uns daran, diese Ortsbeiräte mit einem Fonds – unsertwegen dann Stadtteilfond genannt – auszustatten. Jeder Bürger kann sich dann direkt an seine dortigen Stadtteilvertreter/innen wenden. Da unser Antrag zu einer Einführung von Ortbeiräten im Jahe 2010 scheiterte, werden wir es möglichst noch 2014 erneut versuchen.
NACHTRAG: Die Idee mit dem eigenen Budget für die Bürgergremien wurde inzwischen aufgegeben, nicht weil es als „Schnapsidee“ erkannt wurde – sondern weil es nicht praktikabel sei. Nun denn, das mit der „Schnapsidee“ ziehen wir als zu heftigen Vorwurf zurück und nennen es jetzt auch „unpraktikabel“.