Kleinfraktionen in Stadtverordnetenversammlungen und Gemeindevertretungen als Verfassungsärgernis?
Im Rahmen der Debatte um eine Änderung der Hessischen Verfassung haben die von den politischen Parteien majorisierten kommunalen Spitzenverbände gefordert, für die Kommunalwahl eine 2.5 % Sperrklausel einzuführen, siehe etwa FAZ-Rhein-Main-Zeitung vom 25.10.2016.
Für uns ist nicht nachvollziehbar, dass derartige Quoren überhaupt Verfassungsrang haben könnten. Das Ziel ist klar: die Parteien wollen unter sich bleiben.
Die UWIGA hat dazu der Enquetekommission zur Reform der Landesverfassung folgende Stellungnahme zukommen lassen:
Als Vorsitzender der Fraktion UWIGA in der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung spreche ich mich im Namen meiner Fraktionsmitglieder und der Mitglieder unserer Wählergemeinschaft gegen die Anregung aus Kreisen der kommunalen Spitzenverbände zur Einführung einer 2,5 % Klausel bei den Kommunalwahlen aus.
Ein solches Quorum mit Verfassungsrang auszustatten würde die Verfassung entwerten. Wenn die im Hessischen Landtag vertretenen Parteien unbedingt der Meinung sind, sie sollten auch in den Gemeindevertretungen unter sich bleiben, können sie ja das Kommunalwahlgesetz entsprechend ändern.
Der Antrag wird mit Fürsorge für die angeblich überforderten Einzelmitglieder oder Mitglieder von Kleinfraktionen begründet. Auch wenn unsere Wählervereinigung nun in der dritten Wahlperiode nur mit drei bzw. vier Stadtverordneten in der 71-köpfigen Stadtverordnetenversammlung vertreten ist, weil wir jeweils bei einem Wahlergebnis nicht allzu weit über 2,5 % lagen, haben wir uns als einzelne Gremienmitglieder nicht mehr und nicht weniger gefordert gefühlt als die meist überwiegend stummen und nur zur Abstimmung aktiven Kolleginnen und Kollegen aus den großen Parteien.
Die angeblich negativen Auswirkungen einer Fragmentierung mag in Parlamenten zu befürchten sein. Gemeindevertretungen sind aber bekanntlich keine Parlamente sondern Teil der Exekutive. Dass den Gemeindevorständen „klare Verhältnisse“ lieber sind als mühsames Suchen nach Mehrheiten mit Kleinfraktionen liegt auf der Hand. Einzelmeinungen und Kleinfraktionen befruchten aber den Diskurs in den Gremien und steuern so der in den Wahlbeteiligungen ablesbaren wachsenden Entfremdung zwischen den Wählern und der jeweiligen Regierungsmehrheit entgegen.
Erich Bauer
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