zu unserem Antrag zum „Wildtierverbot“
Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, meine Damen und Herren,
Ich weiß um die hohe Emotionalität bei diesem Thema, hoffe aber auf rationales Denken und differenziertes, sensibilisiertes Verständnis bei allen Beteiligten bei meinen Ausführungen.
Bei diesem TOP komme ich nicht umhin angesichts massiver Vorwürfe gegen unser/mein Demokratieverständnis auch etwas allgemeinpolitische Ausflüge zu unternehmen – oder wenn Sie so wollen – rechtsstaatliche Aspekte anzureißen.
Wir hatten dieses Verbot bei der UWIGA nicht etwa abgelehnt weil wir Befürworter dieser Art von Tierhaltung wären. Auch bei uns – wie vermutlich bei allen hier Anwesenden – gibt es dazu unterschiedliche und sicher auch jeweils berechtigte Auffassungen und Ansichten.
Legal ist eine juristische Kategorie, legitim dagegen eher eine moralische. Legitim und legal kann zusammen passen, muss aber nicht. Wir haben uns in diesem Haus sicher unbestritten an die Legalität zu halten, nur in ganz wenigen Ausnahmen sollte die Legitimität bemüht werden. Legitim wäre es vermutlich auch nach der Bürgermehrheit z.B. die leerstehenden Kasernenwohnungen zu besetzen, wer käme aber in diesem Haus auf die Idee, einen solchen Beschluss zu fassen ?
Wir lehnten das Wildtierhalteverbot ab, weil es uns als nicht legal, als ein unzulässiger Eingriff der Stadtverordnetenversammlung in bestehende Rechte erschien und wir der Meinung sind, dass zur Demokratie strikt auch das Legalitätsprinzip gehört und nicht möglicherweise für bestimmte Kreise legitime, letztlich aber moralische Entscheidungen uns zustehen..
Daraus wurde dann holzschnittartig – und weil´s besser „ankommt“ : Klett verteidigt Wildtierhaltung !
Zuvor- vor unserer Ablehnung – hatten wir sehr genau das Verwaltungsgerichts-Urteil von Chemnitz vom 30.07.2008 durchgelesen. Ich zitiere:
Das Verbot des Auftritts und des Mitführens der im Stadtratsbeschluss genannten Tiere greift unzulässig in die Berufsausübung des Antragstellers ein. Ein Eingriff ist aber nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes möglich. Die Befugnis der Gemeinden, die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen zu regeln, stellt keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dar. Ein Verbot des Zur-Schau-Stellens bestimmter Tierarten in Zirkussen ergibt sich auch nicht aus dem Tierschutzgesetz.
Nicht alles was dem Einzelnen wünschens- oder verdammenswert nach seiner Ethik oder Moral erscheint ist beliebig von dem oder jenem Gremium beschließ- oder gar durchsetzbar. Auch nicht mit Mehrheiten. Und ich denke, das ist gut so !
Es gibt Rechte – und damit verbundene Freiheiten – die nicht antastbar sind, auch nicht – oder nur sehr schwer –von der jeweils zuständigen legislativen Gewalt. In unserem Fall hat dieses Einschränkungsrecht sicherlich nicht die Stadtverordnetenversammlung.
Ein Strauß von Möglichkeiten stände dieser Versammlung offen, wenn dem doch so wäre. Der Logik dieser Art von kommunaler Selbstverwaltung folgend, könnte auch die Beizjagd über städtischem Gelände verboten werden. Eine solche Veranstaltung fand kurz nach dem hier ergangen Wildtier-Verbot in Kranichstein statt, einen Schrei der Empörung habe ich da nicht gehört.
Um die Problematik solcher Mehrheitsverbote zu verdeutlichen, ein paar Beispiele, durchaus zur Verdeutlichung zugespitzt.
- Wie wäre es, wenn wir das Reiten auf städtischen Wegen verbieten, weil die Mehrheit dieses Hauses der Auffassung ist, dieser Sport sei Tierquälerei ?
- Wenn wir nur noch Marktbeschicker zuließen, die nach von uns formulierten ökologischen Gesichtspunkten produzieren ?
- Wenn wir unliebsame Kritiker in unseren städtischen Räumen das Wort entzögen ?
- Und last not least, wenn wir die Benutzung unserer Straßen für PKW verböten, weil wir der Auffassung sind, sie schaden dem Bürger. ( von einigen Parlamentariern zaghafter Beifall )
Diese Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen.
Ich habe ja so meine Erfahrungen mit persönlichen Angriffen auf mich und mein angeblich mangelhaftes Demokratieverständnis. Sehr geehrte Frau Fröhlich, – sie erinnern sich – auch Sie warfen mir das – wie sich nachher herausstellte – zu Unrecht – vor.
Hier einfügen und betonen will ich, dass ich oder die UWIGA niemals jemanden persönlich angegriffen haben. Wenn, taten wir dies in Bezug auf die jeweilige Institution.
Bei der Besichtigung im Zirkus Knie äußerte ich in aufgeladener Stimmung, umgeben von Menschentrauben, nicht alles was mit Mehrheit beschlossen würde sei akzeptabel und hinnehmbar. Es gebe Beschlüsse, die schlicht nicht in die Kompetenz dieses Gremiums fielen und ihm nicht zuständen. In diesem Fall sei die StaVo eine ausgesuchte, örtliche Minderheit, da dies bundesweit erst durch eine Mehrheit geregelt werden könne, bzw. müsse.
Diese Aberkenntnis der StaVo-Zuständigkeit wurde dann von einer Redakteurin des Darmstädter Echo am 26. Oktober 2012 belehrend und zugleich diffamierend so öffentlich kommentiert : Wenn das ( gemeint ist das Wildtierverbot ) in der nächsten Wahlperiode zu denselben Mehrheiten führt, ist das eben Demokratie, mit der auch Helmut Klett von der Uwiga leben lernen muss.
Mehrheiten ohne „Wenn und Aber“ zu akzeptieren ist eben nicht Demokratie. Demokratie impliziert immer auch die Anerkennung von Regelungen durch die jeweils zuständige Legislative, Exekutive und Judikative! Nein, geschätzte Redakteurin, ich denke, Sie müssen da noch dazulernen.
In diesen Zusammenhang gehört ebenfalls das Verbot einer NDP-Kundgebung, das die Stadtverordnetenversammlung mit ausdrücklicher Zustimmung der UWIGA beschlossen hat.
Dies als Beispiel für Verbote zur Zeichensetzung, Signalwirkung bezüglich „Zirkus“ her zu nehmen ist unangemessen. Bei diesem NPD-Verbot waren sich alle bewusst, dass dies einer juristischen Überprüfung nicht stand halten würde. Es sollte ganz bewusst ein Signal sein – ein legitimes Mittel ohne Anspruch auf Durchsetzbarkeit.
Beim Wildtierverbot sah das ganz anders aus. Da war man ganz offensichtlich der Meinung, dieses Verbots-Recht zu besitzen. Erinnern möchte ich an die Presseerklärung von Schwarz-Grün. Zitat:
“Die Behauptung der Antrag zu einem Wildtierverbot für Zirkusse, die in Darmstadt gastieren sei rechtswidrig, ist falsch und soll dazu führen, Tierschützer zu verunsichern”, betonen Sabine Crook (GRÜNE) und Karl-Heinz Töns (CDU)
Ich bin mir nicht sicher, ob alle, die für das Verbot gestimmt haben mit ganzem Herzen dabei waren. So mancher mag Bauchweh dabei gehabt haben, aber unter der „Knutsche“ ( Wort Knutsche gerügt vom Präsidium – dann doch zugelassender) Koalitionsführung ist so einiges anscheinend problemlos durchsetzbar.
Das Instrument eines legitimen, aber letztlich illegalen Beschlusses mit Signalwirkung darf und sollte nur sehr sparsam eingesetzt werden, sonst verliert es die Bedeutung und wir machen uns irgendwann lächerlich, wenn uns danach die Juristen die Leviten lesen.
Wenn wir also gegen die Wildtierhaltung im Zirkus sind, dann müssen wir anderweitig und vermutlich aufwändiger und unbequemer agieren. Wie da wären: Eingaben an die Bundestagsabgeordneten, Petitionen, schreiben, Unterschriften sammeln, Demonstrationen – meinetwegen auch vor dem Zirkus – organisieren. Erst nach Änderung der entsprechenden Gesetze ist dann solches bundesweit möglich.
Sehr geehrte Damen und Herren,
betonen möchte ich nochmals, dieser Antrag stellt keine Erlaubnis oder Befürwortung der Wildtierhaltung dar, sondern rückt sachlich einiges zurecht ! Ist mit auch ein Verweis auf die eigentlich zuständige Exekutive. Vielleicht – so meine ganz persönliche Hoffnung – bringt der zuständige Gesetzgeber das mal auf die Reihe . Für uns aber sollte gelten: „Schuster bleib bei Deinen Leisten“!
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
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