und warum ich einen Rücktritt des Bürgermeisters fordere.
Unglaubliches an „rechtsstaatlicher Kenntnis“ und Überheblichkeit unserer Stadtregierung gegenüber einem VG spielte sich am Donnerstag ab. Die Gerichtsentscheidung wurde dermaßen plump in Frage gestellt, ja selbstherrlich als falsch beurteilt, dass man sich schon fragen musste, wer leidet denn hier an unheilbarer und sogar gefährlicher Selbstüberschätzung. Nichteinmal das Rechtsamt wurde eingeschaltet! Unser OB lavierte da auch schwer herum! Natürlich sind Gerichtsentscheidungen nicht sakrosạnkt, da haben Sie Recht Herr OB. Sie sind anzufechten auf dem ordentlichen Rechtsweg und nicht nach Wild-West-Gutdünken.Von bürgerkriegsähnlichen Zuständen sprach Fraktionschef Jourdan (CDU), die das Vorgehen Reißers rechtfertigten. Das „im Nachhinein ist jeder schlauer“ kam ziemlich oft als Vorwurf vor. (Für mich jedenfalls wäre es ganz einfach gewesen, im Vornherein angemessen zu handeln, dazu braucht man nicht einmal ein Jurastudium, gesunder Menschenverstand+ein wenig Demokratiekenntnis hätte genügt)
BM Reißer verstieg sich kenntnisreich zur der Bemerkung : schließlich sei das ja kein Urteil gewesen, da stehe nämlich sonst „im Namen des Volkes“ darüber! Die Anwälte wurden beschuldigt, sie hätten das alles gnadenlos und skandalös ausgenutzt. Von einem Notstand wurde geredet, der die Sperrung auch nach dem VG-Beschluss rechtfertige, zudem sei ja das Parteibuch des Richters bekannt, auch sei die Begründung erst gar nicht vorhanden und dann nicht nachvollziehbar gewesen, und.. und und
Der „Hammer“ für mich war die Ausführung des Kämmerers zugunsten Herrn Reißers, wie relativ mit dem Recht alles sei, sehe man ja daran “ ein Mann* hat sogar einmal das Grundgesetz missachtet und wurde dadurch weltberühmt „ (Anm.:*Altkanzler Schmidt, Flutkatastrophe. Ein solcher Vergleich ist psychologisch sehr interessant, zeugt das doch m.E. von einer manisch angeberischen, heroischen Selbstüberschätzung ohne Realitätsbezug)
Nett anzusehen war Frau Iris Behr (ehrenamtl. Magistrat, Grüne, – Magistrat sitzt vorne, dem Plenum gegenüber), wie sie gestikulierend versuchte ihre grünen Mitstreiter zum Klatschen bei den BM Reißer-Verteidigungsreden anzuheizen. Als das nicht ganz gelang, stand sie auf, um zu den Reihen der Grünen zu marschieren und die grünen Claqueure an ihre Pflichten zu erinnern. (Ohne viel Erfolg, was mir die Grünen mehr sympathischer – weil nachdenklicher – als die CDU-Armee macht.)
Meinen Redebeitrag habe ich bewusst geschrieben und vorgetragen, ansonsten rede ich frei nur nach Stichworten. Am Pult von CDU-Fraktionsführer Jourdan wurde mein Beitrag anschließend so kommentiert: Sie sind bloß ein Krawallmacher, sonst nichts.
Nicht einmal die Stadtverordnetenvorsteherin nahm dies als Anlass den Herren zu rügen. Jedenfalls sehe ich mich jetzt noch mehr in meiner Absicht gestärkt, eine Abwahl von BM Reißer zu fordern. Gelingt die nicht (wovon auszugehen ist) habe ich in einem solchen Gremium als „Ehrenämtler“ wirklich nichts mehr zu suchen. Wenn Darmstadt von solchen Herren ungeniert weiter regiert wird, na dann eben weiter so – aber ohne mich.
Mein Redebeitrag:
Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren,
um es vorwegzunehmen, den Antrag auf Abberufung nach § 76 HGO(2) wird heute nicht verhandelt, weil er als Dringlichkeitsantrag nicht zulässig ist. Warum ein solcher Abwahl-Antrag m.E- unabdingbar notwendig ist, werde ich versuchen ihnen ein wenig näher zu bringen.
( Höre von rechts den Ruf „Arschloch“(CDU-Reihen) an mich gerichtet, sage: hoffentlich war mit Arschloch nicht ich gemeint ! Bekomme eine Rüge von der Vorsitzenden)
Den Kommentar von Ihnen, Herr Paul Georg Wandrey: „Geht` s auch ne Nummer kleiner?!“ gebe ich gerne hier wider und sage deutlich: „Nein, Herr Wandrey, es geht keine Nummer kleiner !“ Es geht im Kern um die Ignoranz eines mit exekutiver Macht ausgestattetem Mandatsträgers gegenüber einem Beschluss der Judikative, des Verwaltungsgerichtes, nicht mehr und nicht weniger.
(Gelächter – wie dann eigentlich durchgehend bei meinem Vortrag – Bemerkungen wie „unverschämt, aufhören“ natürlich dito, ist oft nicht auf der Tribüne zu hören, da die vorderen Sitzreihen direkt am Pult solches „veranstalten“)
Ja, es geht mir nicht so sehr um den monetären Verlust, der Sie, Herr Reißer, sicher vom Bund der Steuerzahler ins Buch der großen Steuerverschwender bringen wird. Es sind ja nicht „bloß“ die 165.000 Euro – deren Höhe aber nur bei einer Kostenübernahmeerklärung der Stadt so bleiben wird. Hinzu kommen Kosten für Widerspruchsverfahren, die direkt bei der Stadt eingegangen sind. Wieviele ? Ich weiß es nicht !
Ihr Vorgehen könnte eine Strafanzeige wegen eines Amtsdeliktes, ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen. Nur meine ich, wir sollten politisch reagieren, und das geht bei einer solchen üblen Verfehlung nur über ein Abwahlverfahren.
Machen Sie bitte keine Fakten-Märchenstunde in diesem Hause weiterhin auf und verbreiten, mir wäre die Gefahr für die Bürger nicht bewusst gewesen, mir sei es offensichtlich egal, wenn Kinder schutzlos der Gewalt der Hooligans ausgeliefert werden. Solche Anwürfe in Emails an mich – sind noch harmlos. (Anm.: von „aufgeblasenem Zweitreihenpolitiker“ bis zu : „ meine Rücktrittsforderungen sei eine Kasperltheateranmaßende Politposse“ darf ich mir inzwischen so einiges anhören. )
Gewundert habe ich mich bis heute, dass keine andere Fraktion den Mumm hatte, einen Antrag auf Abwahl zu stellen. Für mich eigentlich schockierend, was wir anscheinend so hinzunehmen bereit sind. Nur, wenn andere außer mir „Herumpolterer“ das angeprangert hätten, hätte ich mich nicht „unangemessen aufblasen“ müssen und stünde jetzt nicht hier am Pult.
Außer Frage steht, dass das Samstagsdesaster mit vom DFB verursacht wurde, vor allem von den gewaltbereiten und gewalttätigen Hooligans – ja richtig. Da entschuldige ich niemanden und verharmlose ich auch nichts. Der Kern liegt aber nicht in den Schuldzuweisungen in Richtung Riesen-Problem, sondern einzig darin, wie mit einem erkannten solchen Problem umgegangen wird, wie es gelöst werden sollte und wurde.
Und da haben Sie , Herr Reißer – spätesten nach dem VG-Beschluss – auf der ganzen Linie bei der Problemlösung – wohlgemerkt nicht Problembenennung – kläglich versagt. Eindeutig rechtswidrig weiter agiert und unbesonnen den „starken Maxe“ gegeben.
(Anm.: „starker Maxe“ wurde vom OB als unverschämt später gerügt)
Nach dem Beschluss des VG musste Ihnen die Rechtswidrigkeit ihrer Verfügung klar sein . Aber Nein, es gab kein Einsehen – im übrigen bis heute nicht. Die Verfügung hoben Sie erst am Sa um 9.30 Uhr auf – nach einem dringlichen morgendlichen Anruf der Präsidentin des VG, ansonsten wäre das Gericht in einer Flut von Eilanträgen ertrunken und eine ungeahnte Kostenlawine in Millionenhöhe auf die Stadt zugekommen.
Die City-Sperrung ohne nähere Zugriffsdetails war schon ziemlich eigenartig und die Rechtswidrigkeit erkennbar – aber als naives Machogehabe noch verstehbar.
(Anm: Machogehabe- auch vom OB scharf gerügt)
Ich weiß, nachfolgende Redner werden wieder den Fokus auf die gewaltbereiten Fans und das irrwitzige Stadionverbot lenken und dass unser Herr Reißer mutig dagegen agieren wollte. Alles nett, schön und gut – es rechtfertigt aber nicht im Geringsten seine Ignoranz gegenüber der Judikative.
So Kommentare an mich angesichts der Dimension dieser Vorgänge, wie „reiner Aktionismus“ von Ihnen, Frau Lau, einer selbsternannten Rebellin gegen das Establishment, hätte ich nicht erwartet. Eher schon den von Ihnen, Frau Förster Heldmann: ich sei mir der Komplexität der Dinge nicht bewusst. Ich weiß ja selbst, dass ich zu begriffsstutzig und intellektuell zu unterbelichtet bin, um vieles von dem hier Gesprochen zu begreifen. (tolle Einsicht,hämischer Beifall)
Aber, geehrte Frauen Fraktionsvorsitzende, wir leben in einem Rechtsstaat mit Gewaltenteilung und bislang sind wir gewohnt, das strikt zu respektieren.
Wenn nicht, riskieren wir das Zerbrechen unseres Staates und seiner Verfassung. Sie, Herr Reißer, waren aber als Ordnungsdezernent und OB-Vertreter ein Teil der Exekutive-, ein Vertreter der Staatsmacht und des Gewaltmonopols – und da setzen sie sich über den Inhalt eines VG-Beschlusses hinweg, der Ihrem Handeln eindeutig die Rechtswidrigkeit attestierte??.
Was wollen Sie denn noch zukünftig gegenüber der NPD oder der AfD sagen, wenn Sie selbst so selbstherrlich, hemdsärmelig und besserwisserisch agieren ?
In der Nacht von Hessenderby-Samstag auf Sonntag stand ich auf, konnte einfach angesichts eines solchen Vorgehens nicht schlafen, es schlicht nicht fassen. In dieser Nacht schrieb ich die Presseerklärung mit Rücktrittsforderung, etwas anderes schien mir als demokratische, aufrichtige und aufrechte Reaktion nicht möglich. Diese nächtens entstandene Pressemitteilung wurde – wohl wahr – nicht mit der Fraktion abgesprochen. (hämisches Gelächter)
Ich selbst konnte mir nicht vorstellen, mit dieser Rücktrittsforderung könne ich alleine da stehen. Anscheinend sind viele in diesem Raum vollkommen unsensibel geworden und verstehen sich eher aufs Feilschen und Geschacher, als auf aufrichtiges und ehrliches Handeln. Kein Wunder, wenn sich der Wähler immer mehr von solchem Demokratie-Theater abwendet. (Beleidigung, Unverschämt,“Demokratie-Theater“ vom OB gleichfalls gerügt)
Inzwischen weiß ich etwas mehr um die Geheimnisse der Versorgungungsansprüche bei Wahlbeamten. Herr Reißer würde bei einem Rücktritt wohl eine Menge Geld verlieren – die Stadt, der Steuerzahler, hat durch Ihn das allerdings schon realisiert.
Indes, verstehen kann ich diese Absicherung seiner Bezüge, nicht verstehen kann ich die Ausflüchte und die Rechtfertigungen von Ihnen, Herrn Reißer. Kein Jota Unrechtsbewusstsein ist angesichts des Schadens erkennbar. Ihre Argumente betreffen nie den Kern des Problems, den bewussten Verstoß gegen rechtliche Vorgaben. Im Gegenteil, dieses Handeln wird noch von der CDU als mutig gefeiert – und Sie glauben das offenbar selbst heute noch !?.
Herr Reißer, sie sagen die nahezu 200.000 Euro Steuergelder für Verfahrenskosten seien notwendig gewesen und hätten deeskalierend gewirkt – meinen sie das ernsthaft ? Sind Sie der Meinung, die Gewaltfans laufen dann zu ihren Anwälten um Honorare zu generieren und kommen deshalb nicht in die City ?
Was meinen Sie damit, Ihr Handel sei erst im Nachhinein beurteilbar gewesen ? War Ihnen als Ordnungsdezernent die Problematik einer undifferenzierten Innenstadtsperrung nicht bewusst ? Sind Sie heute noch der Meinung, mit einer solchen Sperrung hätten Sie ernsthaft Schlimmeres verhindert ?
Herr Reißer, sie hätten auch mutig und mannhaft nach den Ereignissen sagen können: Selbstverständlich stehe ich zu meinen Entscheidungen und begrüße einen solchen Abwahlantrag. Dann kann ich sehen, wer vom Parlament hinter meinem Tun steht. Gehört habe ich leider davon nichts. (Gelächter, das wäre ja wohl absolut blödsinnig)
Gleichzeitig bitte ich jetzt schon alle Fraktionen hier beim Abwahlantrag den Fraktionszwang – und das öffentlich kommuniziert – aufzuheben. Denn, es geht nicht um eine Sach- oder Fachentscheidung, sondern um eine Gewissensfrage, um unser grundsätzliches Verständnis gegenüber unserer Demokratie, unserem Rechtsstaat !
Deshalb werde ich bei einem Verbleib von Herrn Reißer im Magistrat meinen Rücktritt erklären. Dann haben wir als Aufsicht über die Verwaltung versagt, dann habe ich hier aber auch nichts mehr verloren, schlicht: ich würde mich für ein solches Ehrenamt schämen.
Wohl wissend, dass viele erleichtert aufatmen werden, wenn endlich dieser „Aufgeblasene Schnösel“ abtritt.
Bevor es so weit ist, hätte ich direkt ein paar Fragen an Sie, Herr Reißer und / oder an Sie, Herr OB Partsch:
Wie und in welcher Form war die Polizeiführung bei ihren Entscheidungen maßgebend beteiligt. War man der Meinung, der Rechtsbruch sei gerechtfertigt, ansonsten werde man mit dem Gewaltpotential nicht fertig ?
In der Presse las ich allerdings eher etwas von einer besonnen und gelassenen Polizeiführung ohne Agitationshektik – beruhigend !
Haben Sie, Herr Oberbürgermeister, von dem Beschluss des VG gewusst und das Ignorieren dieses Bescheides befürwortet ?
Ohne Ihren Rücktritt Herr Reißer, oder einem erfolgreichem Abwahlantrag, wird sich Darmstadt bundesweit seinen guten Ruf verscherzen, dessen bin ich mir sicher.
Mein Winzig-Ersatz-Bauernopfer für Sie, Herrn Reißer, wird da nicht genügen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
3 Antworten auf: Bashing vs. Verwaltungsgericht im Stadtparlament